Erfahrungsberichte

Möchtest Du auch von Deiner Geschichte berichten und anderen damit Mut machen? Dann schreibe uns: loewenmutkids@gmail.com

Müde, Abwesend standst du da.
Die Gedanken ganz Fern, die Hülle ganz nah.
Ich war klein, keine Ahnung was los ist,
doch ganz im Bewusstsein das dein Leiden groß ist.

Aber nicht warum.

Ich hatte Angst im Mittelpunkt zu stehen,
dir mit Fragen auf die Nerven zu gehen.
Die deine letzte Kraft noch zu rauben,
konnte nur an bessere Zeiten glauben.

Heute weiß ich, warum.

Die Schwäche von früher hat und heute stärker gemacht,
wir haben gemeinsam geweint und gelacht.
Die Chemo raubte dir die Kraft für jedes Wort,
doch deine Liebe, das weiß ich, war niemals fort.

Dieses Gedicht stammt von einem Kind, dessen Vater Krebs hatte. Eines von so vielen Kinder auf der Welt, die damit umgehen müssen, das ein Elternteil erkrankt ist, und somit besondere Herausforderungen und Schwierigkeiten durchläuft. Einen Teil dieser Kinder durfte ich bei LöwenMutKids kennen lernen, da ich seit Gründung des Projektes bis zum Sommer diesen Jahres als Praktikantin beim Verein Leben mit Krebs in Marburg e.V. tätig war.
Nun möchte ich über meine Zeit bei LöwenMutKids berichten.

LisaAlles begann vor etwa einem Jahr im Herbst, als ich Christiane vom Verein kennen lernte. Sie schilderte mir, das sie schon lange daran dachte, mit Kindern der betroffenen Eltern zu arbeiten. Im Verein gab es selbst viele erkrankte Eltern, und durch ihre Beratungstätigkeit war sie sich der großen Probleme bewusst, die Kinder in so einer Situation haben. In meinem Studium der Erziehungswissenschaften habe ich mich bereits mit Kindern in Krisen beschäftigt, Kinder von psychisch kranken Eltern, Kindern von Suchtkranken Eltern, Trennungs- und Scheidungskinder. Und nun wollte ich auch in der Praxis ein Teil von einem Projekt mit einer großartigen Idee sein. Am Anfang gab es erstmal vieles zu organisieren, wir brauchten einen
Namen, wir brauchten Sponsoren, Planungen, Werbung und vieles mehr. Die ersten Monate waren dadurch vor allem theoretisch, aber ich war schon sehr gespannt darauf, die Kinder kennen zu lernen.

Anfang des Jahres war es dann soweit, im Haus der Jugend in Marburg konnten wir einige LöwenMutKids und Eltern begrüßen und das Projekt vorstellen. Dieses erste Treffen hat mich bereits besonders beeindruckt. Die Kinder waren mit großen Interesse dabei und haben von der Zeit erzählt, als ihre Eltern erkrankten, was ihnen dabei half und was sie besonders schlimm fanden. Alle brachten eine unglaubliche Stärke mit, wie offen sie über die schwere Zeit redeten. Ich war sehr erstaunt und freute mich mit diesen LöwenMutigen Kindern das Projekt weiter zu entwickeln. Die Eltern waren von Anfang an mit „im Boot“ und unsere Tür war immer offen, somit konnte jeder kommen, aber auch gehen wenn es gewünscht war. Jedoch blieben unsere mutigen Kids und hatten gleich zu Beginn tolle Ideen für das Projekt. Vor allem bildeten sie den wichtigsten Teil unseres Beraterteams, denn wir wollten ein Angebot schaffen, bei welchem sich betroffene Kinder an die LöwenMutKids wenden können, gerne auch anonym, um Fragen zu stellen oder Tips zu bekommen.

Im März fand unsere Auftaktveranstaltung statt, bei der unsere Löwen-Mut-Kids Patin Yana Gercke mit ihrer Band Oh Alaska auftrat und Anette Rexrodt von Fircks eine Lesung hielt. Es war ein wirklich toller Abend, bei welchem ich noch weitere nette Menschen aus dem verein kennen lernen durfte. Es herrschte immer eine herzliche Atmosphäre und in der ganzen Zeit konnte ich soviel neues Lernen durch die Aufgaben die ich erledigen durfte und durch die hohe Verantwortung im Projekt. Am meisten habe ich aber wohl von den Kindern gelernt. Mich hat es auch sehr berührt, wie Eltern und Kinder zusammengewachsen sind durch eine schwierige Zeit, die teils überstanden war, aber auch aus den Gedanken leider nicht mehr zu verdrängen. Dennoch konnte ich viele Angebote für Kinder mit krebskranken Eltern kennen lernen. Einige Angebote haben wir selbst geschaffen und für unsere LöwenMutKids und interessierte Familien möglich gemacht. Die Kinder-Uni sollte die Vorgänge erläutern, die ablaufen wenn jemand an Krebs erkrankt. Dazu waren Marburger Schulklassen eingeladen, die auch durch Experimente und Spiele an der Vorlesung beteiligt waren. Außerdem gab es einen Klettertag um den Zusammenhalt zu stärken. Es war ein besonders schöner Tag mit viel Sonnenschein und ich hatte immer dieses Gefühl: es gibt diese eine Sache die hier alle verbindet, aber die ist nebensächlich. An diesem Tag ging es um Mut,
Höhe, Herausforderungen. Alle Familien haben das wunderbar gemeistert.
Außerdem darf ich bis heute die Facebook Seite betreuen, auf der bereits viele schöne Inhalte des Projekts veröffentlicht wurden. Einige LöwenMutKids und auch Erwachsene haben sich vorgestellt und ihre Erfahrungen geschildert.

Nun im Sommer bin ich mit meiner Familie selber einen riesigen Schritt gegangen und ins Ausland gezogen. Schweren Herzen musste ich mich von sehr vielen netten Menschen verabschieden und von meiner Zeit in Marburg. Dazu gehörte auch die Zeit zu LöwenMutKids. Die Erinnerungen und all das was ich lernte, kann mir aber keiner mehr nehmen. Und ich werde weiterhin dabei sein, wenn auch aus der Ferne. Die Projekte und Vorhaben planen jetzt andere engagierte Menschen weiter, die Teil von einem wichtigen Vorhaben sind: auf die Kinder aufmerksam zu machen.

Denn nicht allein die erkrankte Person selber leidet an der Erkrankung, die Angehörigen, im speziellen die Kinder, haben mit vielen seelischen Problemen zu kämpfen, die je nach Unterstützung und Netzwerke, Vereine und weiteres aufgefangen werden können. Es gibt viele Angebote, aber noch zu wenige. Kinder die eine Krise durchmachen, müssen mehr in die Hilfsangebote und Abläufe bei der Behandlung einer Krankheit einbezogen werden. Eine gestellte Diagnose soll nicht nur für den „Patienten“ eine Behandlung zur Folge haben, es ist eine Intervention für die ganze Familie notwendig, je nachdem welche persönlichen Ressourcen zur Verfügung stehen oder auch nicht. Kinder können auch positiven Gewinn aus solchen schweren Zeiten erzielen, wenn sie mit ihren Problemen und Bedürfnissen stets geachtet werden. Daraus kann sich eine Stärke und Kraft entwickeln, die für das gesamte weitere Leben vorhanden ist und hilft, mit schwierigen Momenten umzugehen. Diese Stärke lässt die Kinder wachsen, und so engagieren sie sich vielleicht selber in Projekten, die wieder anderen Kindern helfen können, wie beispielsweise unsere LöwenMutKids. Oder auch das Kind welches das Gedicht ganz zu Anfang schrieb: dieses Kind hat sich, als es später zum Studium nach Marburg zog, auch für die LöwenMutKids engagiert. Nun wohne ich nicht mehr in Marburg, aber an die Zeit bei LöwenMutKids denke ich für immer gerne zurück! ☺

Hier können Sie einen wunderbaren Erfahrungsbericht lesen.

Falls Sie/Du Fragen an die Autorin haben können wir diese anonym weiterleiten. Schreibt eine Mail an: loewenmutkids@gmail.com

Ich bin 15 Jahre alt und bin mit dem Thema Krebs in der Familie schon konfrontiert worden. Für mich ist dieses Erlebnis ein negatives und positives Stück in meinem Leben.
Meine Mama ist im Jahr 2010 an Blutkrebs erkrankt, in den Sommerferien. Ich habe zwar verstanden was sie hat aber vermutlich nicht so schlimm gefunden ich meine ich war 11. Sie war die ganzen Sommerferien weg das war echt schlimm aber meine Oma wohnt bei uns im Haus so war ich nie alleine. Ich bin jeden 2ten Tag mit zu ihr gefahren. In der Zeit haben mir meine Freundinnen super geholfen wir sind oft zusammen schwimmen gefahren es war eine gute Ablenkung, zu meinem Papa habe ich der Zeit ein sehr gutes und starkes Verhältnis aufgebaut war mir auch sehr viel Kraft gegeben hat, ich habe immer daran geglaubt Mama wird wieder gesund.

Nach den Sommerferien habe ich es meiner Klasse auch erzählt und alle haben es gut aufgenommen und mir gut zugesprochen. Auch die Lehrer waren sehr verständnisvoll, und so durfte ich Mama auch immer anrufen wenn es mir schlecht ging oder ich wissen wollte wie es ihr ging. Sie war dann Mitte 2011 gesund, nur leider hat es nicht angehalten und sie erlitt einen Rückfall und kam um eine Stammzellenspende nicht rum.

Ihre Freundinnen haben zusammen mit der DKMS auch eine Aktion gestartet, was ich sehr schön fand. Zum Glück hat sich sehr schnell ein passender Spender gefunden, was alle sehr gefreut hat und ich hatte immer noch im Kopf Mama wird gesund sie wird mich groß werden sehen. Ich glaube das gleiche dachte Mama auch. Im November 2011 hat sie ihre Spende bekommen und alles hat super geklappt und sie wurde Gesund.

Im November 2013 haben wir dann sogar ihre Spenderin kennengelernt und es ist ein richtiges Wunder den sie wohnt nur 10 km von uns weg, und hat einen Sohn der für mich jetzt wie ein großer Bruder ist. Da ich keine Geschwister habe ist das etwas richtig tolles und etwas das mich freut.

Hier können Sie einen wunderbaren Erfahrungsbericht lesen.

Falls Sie/Du Fragen an die Autorin haben können wir diese anonym weiterleiten. Schreibt eine Mail an: loewenmutkids@gmail.com

„Wie geht es wohl einem 13-jährigen Mädchen, wenn es nach der Schule nach Hause kommt, die Mutter macht die Tür auf und sagt, sie wäre heute wieder beim Arzt gewesen und er musste ihr sagen, dass sie Krebs hat. Ja, genau, bescheuert geht es einem. Ich weiß einfach nicht mehr was ich tun soll…“

Das sind so etwa die Worte, die ich am 20.05.2007 in mein Tagebuch geschrieben habe. Meine Mutter bekam damals die Diagnose Lungenkrebs und die Aussichten waren alles andere als gut. Was wir alle zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnten war, was für eine Willenskraft in meiner Mutter gesteckt hat! Ich durfte noch sechs weitere Jahre mit ihr verbringen und ich habe diese Zeit als eine ganz besondere empfunden! Es gab immer wieder neue Tiefs und fast jedes Jahr gab es einen Rückschlag und die Chemotherapie musste gewechselt werden. Wie oft habe ich mir gewünscht, dass es mal nicht um irgendwelche Blutwerte geht und ich einfach eine ganz normal, fitte Mama habe.

Mit der Zeit wurde mir aber klar, dass es nicht nur darum geht wie lange man mit einem Menschen zusammen ist, sondern wie man diese Zeit nutzt und was man aus dieser Zeit mit heraus nimmt! Im Nachhinein ist mir bewusst geworden, dass mir meine Mutter vieles mitgegeben hat, sie hat mir gezeigt, was wirklich wichtig ist und dass man lernen muss über kleine Dinge hinweg zu sehen um das wirklich Schöne genießen zu können. In diesen Jahren haben mir Freunde fest zur Seite gestanden und mich immer und immer wieder aufgefangen, wenn es schlechte Neuigkeiten gab. Sie haben mir, zusammen mit meiner Mutter geholfen über mich selbst hinaus zu wachsen und am Ende stark zu sein und zu akzeptieren was immer auch kommen wird.

Natürlich kommen immer wieder diese Momente in denen man gar nicht mehr aufhören kann zu weinen und man so gerne einfach abschalten würde, aber diese Momente gehören dazu. Ich habe mich erst gestern mit einer Freundin unterhalten und sie hat mir gesagt, wie wichtig es ist traurig zu sein. Sie hat wirklich recht! Genauso wie man nach vorne schauen muss, muss man das traurig sein zu lassen.

Als meine Mutter im April 2013 ihren Schlaganfall hatte, war es uns allen klar, dass sie keine Chemo mehr bekommen kann und dass so der Krebs wachsen wird. Ich war gerade mitten im Abitur und hatte das Gefühl der absoluten Überforderung! Man darf sich selbst aber niemals unterschätzen! Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich einmal in der Lage sein würde meine Mutter vier Monate lang zu pflegen, weder emotional noch körperlich. Aber es ging, so wie so vieles vorher auch möglich war.

Über den Tod meiner Mutter zu sprechen ist schwer, denn es war unglaublich schwer zu begreifen, dass es jetzt das Ende war und dass ich sie nie wieder um Rat fragen kann und sie mich nie wieder einfach in den Arm nehmen wird. Aber es war auch ein Stück Erleichterung, denn man konnte ihr ansehen, wie sehr sie gelitten hat. Und ich weiß auch, dass sie nicht weg ist, sie ist immer bei mir und ich weiß, dass sie stolz auf mich ist. Meine Mutter hat all ihre Ziele erreicht und ich hatte eine wunderschöne Zeit mit ihr! Sie hat immer gesagt, dass alles im Leben einen Sinn hat, wir nur geduldig sein müssen, da wir ihn oft erst viele Zeit später verstehen. Und genau auf diesen Sinn vertraue ich :-)!